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Es gibt immer so viele Sichtweisen einer Situation: emotionale, vernünftige und davon jeweils immer mehrere Varianten und Mischformen … Meine Fähigkeit, mich in viele Standpunkte hineinversetzen zu können, hat durchaus Potential, sie hemmt aber auch meine Entscheidungsfähigkeit, weil ich immer erst alle „das kommt darauf an“-Varianten durchdenke. Das hat Vor- und Nachteile – eben je nachdem…



Blog - Die Befreiung der Weiblichkeit

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Katharina
(22 Posts bisher)
25.03.2019 10:09 (UTC)[zitieren]
Es ist überhaupt nichts Besonderes daran, eine Frau zu sein. Wahrscheinlich trifft es sogar ungefähr auf die Hälfte aller Menschen zu. Die andere Hälfte sind Männer. Außerdem gibt es noch ein paar, die beides gleichzeitig oder keines von beiden sind, die kämpfen noch um einen eigenen, nicht diskriminierenden Namen und Anerkennung. Zumindest im deutschsprachigen Raum.

Vor gar nicht allzu langer Zeit kämpften auch die Frauen, mancherorts tun sie es noch. Warum, wieso und wofür eigentlich?
Es gab wohl eine Zeit, in der den Frauen höchster Respekt entgegengebracht wurde. Sie waren Priesterinnen, der personifizierte Tempel neuen Lebens oder eben einfach Mitglieder der Gesellschaft. An dieser Stelle verzichte ich absichtlich auf Ergänzungen wie „gleichberechtigt“ oder „normal“, sie waren Mitglieder. Punkt. Was auch sonst?

Irgendwie, irgendwo, irgendwann kam die Idee auf, eine Frau sei ein minderwertiges Geschöpf. Ich kann nicht genau sagen, wie es dazu kam, ich war nicht dabei. Die Gerüchte, von denen ich weiß, erzählen davon, dass Frauen als wertlos betrachtet wurden, weil sie tendenziell schwächer waren als die Männer. Weil sie während Schwangerschaften und Stillperioden beschützt werden mussten.
Manche berufen sich auf die heiligen Schriften, in welchen die Frauen selten gut wegkommen. Sie werden als schwach und beeinflussbar beschrieben, aber gleichzeitig auch als intrigant und verführend (im negativen Sinne).
Andere sagen, es läge daran, dass die Frauen zu mächtig waren und zu viel Wissen und Weisheit besaßen, zu viel Zugang zur „anderen Welt“ hatten. Die Männer begannen, sie zu fürchten. Oder sie wurden eifersüchtig? Weil sie „nur“ dafür zuständig waren, das Essen zu besorgen und das weltliche Leben zu erhalten, während die Frauen die coolen Dinge taten?
Wer weiß, vielleicht begründet? Vielleicht haben manche Frauen diese Macht schamlos ausgenutzt, um andere zu unterdrücken? Daraufhin könnten die Männer ihren Vorteil der größeren körperlichen Kraft eingesetzt haben, um sich zu wehren. Vielleicht fanden diese „Machtspielchen“ auch über Generationen und Jahrtausende hinweg mehr oder weniger friedlich und wechselseitig ab. Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass irgendwann die männliche Seite überhandnahm. Wann? Nun, in Europa kam der letzte große Schub sicherlich mit der Christianisierung. Jetzt alles auf die Christen zu schieben, erklärt aber noch lange nicht die Entwicklung bis in den asiatischen Raum hinein. Wie in manchen Ländern und Kulturen heute noch mit Frauen und Mädchen umgegangen wird, ist für uns geradezu unvorstellbar.

Fakt ist, in den letzten paar Jahrhunderten war es nicht einfach, als Frau geboren worden zu sein. Die Mädchen mussten hart arbeiten, wurden verheiratet, verkauft, verschenkt, verborgt, vererbt – ja, all das! Wenn man sich die Geschichte der Ehe genauer anschaut, dann war die romantische Liebe eher so etwas wie eine Wunschvorstellung für Dramen, aber selten Realität.
Manche Frau hatte Glück und bekam einen anständigen Mann, manchmal hatte sie auch das Glück, dass ihr Angetrauter so alt war, dass er bald starb und sie sich einen jungen Liebhaber suchen konnte. Traurig, oder?

Waren die Männer wirklich alle so böse? Nun, ich würde sagen, sie waren so, wie sie erzogen wurden: respektvoll oder eben herr-isch. Aber praktisch ausnahmslos wurde ihnen beigebracht, die Frau wäre ihr Besitz und so sollten sie sie auch behandeln. Gleiches galt, aus der anderen Perspektive, für die Mädchen. Eigene Wünsche? Widerworte? Keine Lust aufgrund der Tagesverfassung? Das kam ihnen gar nicht in den Sinn!

Klüger war das wohl in dieser Epoche, aber auf Dauer natürlich nicht tragbar. Die Frauen konnten so nicht leben, sie mussten sich ihre Würde zurückholen. Starke, visionäre Vertreterinnen und ihre Mitläuferinnen, sicher waren auch einige vernünftige Männer unterstützend dabei, haben große Opfer gebracht, um das zu erreichen. Ich persönlich bewundere diese Frauen für ihre Willenskraft und Zielstrebigkeit. Sie haben es tatsächlich geschafft, aus der völligen Negierung heraus wieder in die Anerkennung als menschliche Wesen zu kommen!

Leider ist ihnen dabei ein fataler Fehler unterlaufen. Vielleicht war es auch eine unglückliche Weichenstellung oder die einzige logische Konsequenz oder eine ganz bewusste Entscheidung: Das größte Opfer, das sie brachten, war ihre eigene Weiblichkeit.

Der Befreiungsschlag gelang aus einem einzigen Grund, nämlich stellten die Frauen unter Beweis, dass sie genauso sind, beziehungsweise sein können, wie Männer. Nicht, dass sie wirklich genauso wären, sie imitierten das männliche Verhalten, so wie sie es sahen und ließen in den Augen und Köpfen der männlich dominierten Gesellschaft die Unterschiede verschwimmen. Sie schnitten sich die Haare kurz, trugen Hosen, rauchten, bewarben sich an Universitäten, promovierten, provozierten und verbrannten letztendlich im Höhepunkt ihre Büstenhalter.

Kreischend und ekstatisch tanzten sie um ihr Feuer und schrien förmlich in Welt hinaus: „Seht uns an! Wir sind nicht mehr eure Frauen! Wir sind so wie ihr! Wir sind wie die Männer!“
Damit sind sie am Ziel vorbeigeschossen.

Damit haben sie die Männlichkeit vom Unterdrücker zum Maßstab gemacht. Dabei sollte sie doch eigentlich ein Gegen-Gewicht sein, um das Gleich-Gewicht zu er-halten!

Doch was ist passiert? Inzwischen wird zwischen Frauen und Männern überhaupt kein Unterschied mehr gemacht, oder besser: Es darf kein Unterschied mehr gemacht werden. Die letzte, nicht zu leugnende Auffälligkeit, die Schwangerschaft, muss per Gesetz praktisch ignoriert werden! Eine Frau steht zwar ein paar Wochen vor und nach dem errechneten Geburtstermin im Mutterschutz, aber im Großen und Ganzen muss sie genauso behandelt werden, als wäre sie ein Mann. Sie „darf“ sofort wieder arbeiten gehen, das Kind wird ihr abgenommen, indem Betreuungseinrichtungen geboten werden und überhaupt sollte man am besten überhaupt nicht bemerken, dass zwischendurch mal ein Leben „geworfen“ wurde.

Die Frauen täuschen Bauchgrippe vor, wenn sie Regelschmerzen haben, sind immer noch dem Schönheitswahn verfallen oder geben sich, als deutlichen Kontrast, extrem desinteressiert an Äußerlichkeiten, obwohl sie sich alle gerne schön fühlen möchten. Sie schämen sich fast schon dafür und kommen sich dumm vor, wenn sie gerne den Beruf der Friseurin erlernen möchten, weil der ja so typisch weiblich ist und Mädchen doch in technischen Berufen so gefördert werden und freuen sich darüber, wenn sie zu Lasten jeder Leserlichkeit prinzipiell miterwähnt werden. An dieser Stelle möchte ich nochmals auf die im ersten Absatz erwähnten Gruppen zurückkommen, die sich keinem der beiden Geschlechter eindeutig zuordnen lassen. Wenn schon eine Aufzählung, dann eine vollständige!

Im Gegenzug dazu werden männliche Kindergärtner von den Eltern geradezu weggemobbt (so geschehen in einem mir bekannten Kindergarten in einer größeren Stadt) und wo es diverse Frauenförderungsprogramme gibt, zum Beispiel beim Arbeitsamt, dümpelt der Mann jetzt in der Wertlosigkeit praktisch auf sich allein gestellt herum.

Um das klarzustellen: Ich persönlich finde es gut, wichtig und vor allem RICHTIG, dass Frauen wählen dürfen und zwar nicht nur politisch, sondern auch ihr Leben. Dass sie lernen dürfen, was sie wollen, dass sie reisen dürfen, wohin sie wollen, dass sie sich unabhängig selbst versorgen können, dass all diese Dinge, die im letzten Jahrhundert so mühsam und aufopferungsvoll erreicht wurden, wirklich jetzt so sind!

Doch die Frauen müssen das auch so annehmen und zwar als Frauen. Ich möchte hier auf die Autorin Hemma Schliefnig verweisen, die unzählige Frauen in den Kärntner Bergen interviewt hat, die immer noch so leben wie hundert Jahre zuvor, nur eben jetzt mit Strom und fließend Wasser. Doch in ihren (eigenen!) Köpfen sind sie ausschließlich dafür zuständig, ihre Männer, den Haushalt und die Kinder zu versorgen.

Eine Frau muss nicht erröten, heimlich herumtun und nach Ausreden suchen, wenn sie einen Termin beim Frauenarzt oder Bauchkrämpfe hat. Ein Mädchen, das zum ersten Mal seine Blutung bekommt, hat mehr als genug mit der Veränderung zu tun, da muss es sich nicht auch noch dafür genieren, dass es Tampons in der Tasche hat.
Eine Frau muss sich nicht dafür rechtfertigen, wenn sie einen Orgasmus hat und schon gar nicht, wenn sie keinen hat. Es muss ihr nicht peinlich sein, wenn sie gefallen will und sie darf auch genug Selbstbewusstsein haben, nicht immer gefallen zu müssen. Sie darf sich die Hände schmutzig machen, wenn es ihr Spaß macht oder akademische Titel sammeln oder sich um den Haushalt kümmern, alles kombinieren oder sich für eines davon entscheiden.

Es ist immer noch Thema, dass die Frauen oft viel zu viel unter einen Hut bringen müssen und wir sind ja ach so stolz darauf, dass wir das so mehr oder weniger souverän schaffen. Aber das Problem liegt meiner Meinung nicht darin, dass die Männer uns zu wenig von unserer Arbeit abnehmen. Das gibt es zwar auch, doch die meisten Männer der jüngeren Generationen sind es schon gewohnt, einen eigenen Haushalt zu führen, das wird sich einpendeln. Viel eher liegt es darin, dass wir Frauen unbedingt meinen, beide Jobs erledigen zu müssen: unseren eigenen UND den der Männer.

Eine Mutter, die sich unterstützen lässt, macht sich nicht abhängig, sie lässt Wertschätzung zu. Eine Frau, die mit Regelschmerzen lieber ausschlafen oder einen langen Spaziergang machen möchte, ist nicht schwach oder gar faul, sie zeigt Achtsamkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Eine Frau muss sich aber auch nicht vorkommen, wie etwas Besseres. Ja, so ein Zyklus kann anstrengend sein – Männer haben auch Hormone. Ja, eine Schwangerschaft ist ein Ausnahmezustand – mit einer schwangeren Frau zusammenzuleben auch.

Frau zu sein bedeutet auch nicht, ununterbrochen berücksichtigt werden zu müssen. Jeder Mensch, der im Verband mit anderen Menschen leben möchte, muss schon seinen Beitrag leisten. Eine Mitarbeiterin, die jeden Monat eine Woche wegen Krämpfen und eine weitere Woche wegen Migräne ausfällt wird sich auf Dauer auch überlegen müssen, ob sie an der richtigen Stelle steht. Schon wegen ihrer eigenen Lebensqualität, sie ist ja nicht nur nur die Hälfte der Arbeitszeit anwesend, sondern verbringt die andere Hälfte ihrer Lebenszeit krank.

Das Schöne an unserer aktuellen, mitteleuropäischen Gesellschaftsstruktur ist, zumindest in dieser Hinsicht hat jeder einzelne Mensch, das heißt auch jede einzelne Frau, eine Wahl. Zu dieser Wahl muss sie dann aber auch stehen – oder sie überdenken. Zu wählen bedeutet, die Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen kann sehr schwer sein. Nicht jeder bringt die passenden Voraussetzungen dafür mit und auch Unterdrückung wird immer ihren Weg finden. Doch ein Ziel kann es sein. Eigenverantwortlich und selbstbestimmt zu leben, mit der Sicherheit helfender Hände und dem Vertrauen in den eigenen Wert.

Ich konnte mich in diesem Text nur auf wenige Punkte konzentrieren, sonst hätte ich ein ganzes Buch geschrieben! Trotzdem wünsche ich mir, mit dem kleinen Rundgang durch meine persönliche Meinung vielleicht in einigen Köpfen ein paar heilsame Gedankengänge lostreten zu können. Denn hiermit bin ich wieder am Anfang angekommen:

Die größte Würde eine Frau ist ihre Weiblichkeit. Es ist nichts Besonderes daran, eine Frau zu sein. Aber es ist eine gute Sache.





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